Archives for November 2009

Die Blasen-Metapher

Jede Blase eine Welt

Jede Blase eine Welt

Georg Diez schreibt in der SZ am Wochenende: “Die Nullerjahre also, die endeten, wie sie begonnen hatten: mit dem Riesenkrach der Finanzkrise vom Herbst 2008 und mit der stillen Panik, die die Schweinegrippe weltweit verbreitet – und dass das Wort ‘ansteckend’ in beiden Fällen verwendet wird, zeigt nur, wie sehr sich die Bilder und Metaphern inzwischen gegenseitig infizieren. Da ist von Bubbles und Blasen die Rede, wenn es um ökonomische Fragen geht. Und die Ärzte warnen davor, dass die Grippe durch Tröpfchen übertragen wird. Peter Sloterdijk hat 2004 in seiner ‘Sphären’-Trilogie das Bild von den Schäumen benutzt, um zu zeigen, wie sich das Soziale und das Pathologische vermischen, wie Schäume, Inseln, Kapseln zu Deutungs-und Sinnstiftungsmustern geworden sind. Wenn es eine verbindende Metapher der letzten Jahre gibt, dann ist es die Blase.”

Ist es Zufall, dass auch im Zusammenhang mit dem Multiversum dauernd von Blasen, Schaum und Inseln die Rede ist?

Hier zum Beispiel in unserem Interview mit Alexander Vilenkin und Andrei Linde:

(…)

ZEIT: Was geschah vor unserem Urknall?

Vilenkin: Davor gab es diesen energiereichen Zustand der Inflation. Da, wo die Inflation endet, entsteht ein Feuerball aus Teilchen und Strahlung – ein Urknall. Diese Regionen sind wie isolierte Inseln. Zwischen den Inseln setzt sich die Ausdehnung fort und bringt neue Inseln hervor.

ZEIT: Wir leben also auf einer dieser Inseln.

Vilenkin: So ist es. In sehr weiter Entfernung gibt es auch Regionen, in denen ganz andere Naturgesetze herrschen als bei uns.

(…)
ZEIT: Wie stellen Sie sich das Multiversum vor?

Vilenkin: In einem einfachen Bild könnte man sagen, das Multiversum bestehe aus Blasen – Universen –, die im Raum entstehen und sich dann fast mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnen. Blasen, die vor langer Zeit entstanden, sind riesig, Blasen, die gerade erst entstanden sind, winzig. Zwischen ihnen expandiert der Raum so schnell, dass die Blasen niemals kollidieren. Neue Blasen entstehen, manche sogar innerhalb existierender Blasen. Es ist also ein ziemlich schaumiges Bild.

ZEIT: Könnte ein neues Universum direkt vor uns auf dem Tisch aufpoppen?

Vilenkin: Ja, so eine Blase würde uns ohne Vorwarnung treffen…

Linde: …und der Rekorder würde aufhören aufzunehmen, wir würden keine Fragen mehr beantworten – und auch aufhören zu existieren.

ZEIT: Man würde die Geburt eines neuen Universums also tatsächlich bemerken?

Linde: Bemerken vielleicht, aber niemals darüber berichten.

ZEIT: Kann man andere Universen in einem Teilchenbeschleuniger erzeugen?

Linde: Ich würde es nicht empfehlen. Wenn man Glück hat und weiß, was man tut, kann man ein harmloses Universum erzeugen, das sich von unserem Universum abtrennt. Warum sollte man es dann tun? Wenn man Pech hat, erzeugt man eine Blase, die einen schluckt. Solche Experimente sollten verboten werden.

ZEIT: Haben sie mal die Wahrscheinlichkeit für so ein Ereignis am neuen Teilchenbeschleuniger des Forschungszentrums Cern in Genf ausgerechnet?

Vilenkin: Haben wir. Es ist sehr unwahrscheinlich. Machen Sie sich keine Sorgen.

Alles gut gegangen

Unter Drachen

Unter Drachen

Tobias Hürter (rechts) und Max Rauner (Mitte) nach der Lesung im Otherland mit einem glücklichen Leser. Der war froh, unser Experiment überstanden zu haben. In unserem Weltenzweig war die Katze leider tot, dafür tauchten aber plötzlich Drachen auf (oben). Dank an Birgit Herden und Hannes Riffel sowie alle Zuhörer und Diskutanten für den spannenden Abend.

Neues Universum in Kreuzberg

P1010690Morgen, Freitag, den 27.11.um 20 Uhr diskutieren wir in der Buchhandlung Otherland über Paralleluniversen. Gegen 20:40 Uhr erzeugen wir dort ein Paralleluniversum. Teilnahme auf eigene Gefahr, Katzenfreunde bitte nicht kommen. Wenn Sie in den kommenden Monaten auf dieser Website keine Einträge mehr lesen, hat das Experiment wahrscheinlich geklappt und die Autoren befinden sich in einer Parallelwelt.

Otherland Buchhandlung
Bergmannstraße 25
10961 Berlin
030-69 50 51 17
service@otherland-berlin.de

Zieht da jemand?

Hubbles Blick ins tiefe Universum (NASA)

Hubbles Blick ins tiefe Universum (NASA)

Parallelwelten sind heute das Topthema auf ScienceBlogs, und Florian Freistetter widmet sich der Frage, ob ein Nachbaruniversum vielleicht Galaxien in unserem eigenen Universum anzieht. Einen solchen “Dark flow” will Alexander Kashlinsky in den Daten des WMAP-Satelliten entdeckt haben. Und die zitierte Laura Mersini-Houghton glaubt, ein Nachbaruniversum habe unserem Universum via quantenmechanische Verschränkung gewissermaßen einen Stoß mit dem Ellenbogen versetzt.

Doch selbst unter Multiversums-Kosmologen sind das extreme Außenseiterpositionen. Die meisten gehen davon aus, dass es keine Wechselwirkung zwischen Parallelwelten geben kann. Und wie der New Scientist vor ein paar Tagen schrieb, ist fraglich, ob es diesen Dark Flow in den Daten überhaupt gibt. Er sehe keine Spur davon, sagt jedenfalls der WMAP-Chef Charles Bennett.

Angela Merkels Doppelgängerin

Es gibt zwei neue Rezensionen zu unserem Buch:

Pro-physik schreibt:

“(…) Wer einen bekömmlichen Zugang zu den aktuellen Debatten und in frühere Vorstellungen finden möchte, dem bietet das Buch von Rauner und Hürter eine rasante Achterbahnfahrt, die eine manchmal schwindelerregende Route von der Antike bis zur Postmoderne und durch die Gefilde von Philosophie, Physik und Literatur nimmt. Kaum ein Aspekt fehlt, während technische Details eher ausgespart bleiben.”

Die Badische Zeitung zeigt zur Rezension eine Doppelgängerin von Angela Merkel und schreibt:

“(…) Die vergnügliche Exkursion führt von Demokrit und Aristoteles über Kopernikus und Galilei zur Relativitäts-, Quanten- und Stringtheorie. Gerade die schweren, modernen Brocken kullerten selten so rund! In spannenden Rückblenden beleuchten die Autoren zudem, warum und wann sich neue wissenschaftliche Ideen durchsetzen. Hürter und Rauner streifen literarische Parallelwelten und beschreiben vier Multiversum-Konzepte. Immer wieder springen die Autoren chronologisch vor- und rückwärts. Damit ihr roter Faden nicht ausfranst, wiederholen sie einige Aussagen oft. Der einzige Schwachpunkt des flotten Buchs. Ganz tief bläut sich so ein, dass unsere Doppelgänger nichts Besonderes sind, sondern nur statistische Notwendigkeiten – sofern uns tatsächlich unzählbare Parallelwelten umgeben.”

Lob vom Deutschlandradio

Jetzt im Buchhandel

Jetzt im Buchhandel

Unser Buch ist vom Deutschlandradio Kultur rezensiert worden:

“(…) Leicht verständlich und mit Spaß an der Zuspitzung führen die Autoren durch den unvorstellbaren Quantenschaum, als der der Kosmos plötzlich im Lichte dieser Ideen erscheint. Jeder nur halbwegs philosophisch interessierte Leser wird am Ende dieser spannenden Auseinandersetzung einen Strauß anregender Fragen mit sich nehmen.”

Das Gespräch mit dem Rezensenten gibt es hier als mp3-File zum Anhören.