Brotkrümel aus der Parallelwelt

Der CMS-Detektor beim Absenken in seine Kaverne (Foto: Katharina Sturm)

Der CMS-Detektor beim Absenken in seine Kaverne (Foto: Katharina Sturm)

Es läuft schlecht mit der größten Maschine der Welt. Der Beschleuniger LHC bei Genf sollte eigentlich das Welträtsel lösen, vielleicht sogar das Weltenrätsel – also die Existenz anderer Welten aufdecken. Stattdessen eine Panne nach der anderen. Niemand spricht mehr über Resultate. Alle nur noch darüber, ob das Ding endlich funktioniert oder nicht.
Nachdem das Riesengerät im September 2008 startete, war es nach einer Woche schon wieder kaputt – Kurzschluss. Dann fiel die Kühlung aus. Zuerst war von einem Tag Pause die Rede, jetzt dauert sie schon ein Jahr. Letzte Woche versuchten die Cern-Physiker mal wieder, ihr Zig-Millionen-Spielzeug in Gang zu setzen. Doch ein überfliegender Vogel ließ einen Brotkrümel in ein Elektrizitätshäuschen fallen. Die Sicherung sprang raus. Also wieder nichts.
Vielleicht sollte man die Pannenkette nicht als Scheitern betrachten, sondern selbst als Versuchsergebnis. Als Hinweis darauf, dass nicht nur einen Weltverlauf gibt, sondern viele. Das Argument dafür hat englische Physiker John Gribbin formuliert: Dem LHC wird die Kraft nachgesagt, das Universum zu zerstören, etwa indem er allesfressende Schwarze Löcher erzeugt. Das gesamte Universum. Aber nicht das Multiversum. Andere Universen, in denen der LHC außer Betrieb ist, überleben. Oder umgekehrt gedacht: In einem Multiversum brauchen wir uns nicht wundern, dass wir diese ominöse Pannenserie beobachten. Würden wir sie nicht beobachten, dann würden wir gar nichts mehr beobachten, weil wir nicht mehr da wären. Was wie unerklärlicher Zufall wirkt, hat im Multiversum eine natürliche Erklärung.
Es ist eine wüste Spekulation, ja, aber wie sonst soll man sich die Zeit vertreiben, solange der LHC in Reparatur ist? Nächste Woche solls endlich rundgehen im 27-Kilometer-Tunnel. Vielleicht kann der LHC dann wirklich anfangen, nach Hinweisen für andere Universen zu suchen. Falls nicht, ist es auch ein Hinweis. Multiversen-Verfechter dürfen sich in einer Win-win-Situation fühlen.

Comments

  1. Der Ansatz der Physiker ist schon berechtigt, Tobias. Aber ich vertrete den Standpunkt, dass sich die Weltformel nicht finden lassen möchte. Denn wenn das Welträtsel zum entschlüsseln wäre, wäre dies von Seiten der Physiker/Wissenschaftler und Gelehrten schon längst geschehen. Es sollte akzeptiert werden, dass die Weltformel ein Rätsel bleibt. Den Menschen in dieser Angelegenheit als “beschränkt” zu bezeichnen, finde ich ein wenig hart definiert.
    Ich würde eher sagen: Er kann es nicht für möglich halten, das man in dieser Angelegenheit nicht vorankommt. Wo es doch für alles ein Lösung gibt!
    “Einmal Welträtsel, immer Welträtsel!” und so soll es auch sein. Es schwebt was über der Menscheit und übt einen besonderen Reiz auf uns aus. Das heißt aber nicht, dass wir alles darüber wissen müssen.
    Was das Teuer anbelangt, da muß ich dich bestätigen. Es gibt wirklich andere Problemfelder in denen das Geld sinnvoller angelegt wäre und ja, die Menscheit hat weitaus mehr Probleme.
    Aber ich denke auch, dass in dieser Sache, das letzte Wort noch nicht gesprochen worden ist und die Physiker hier noch kein Ende finden. Dieses “Hinterfragen” der physikalischen Welt wird uns noch lange begleiten. Was daraus wird: “Weiß das Universum!”
    Danke mal für die Diskussionsrunde!

  2. Ja, Michaela, zwei sehr berechtigte Fragen. Fast alle Physiker früher – und heute noch viele – gehen einfach davon aus, dass da eine Weltformel darauf wartet, gefunden zu werden. Aber es könnte sein, dass es gar keine endgültige Beschreibung der physikalischen Welt gibt. Oder dass die Gesetze dieser Welt sich mit menschlichen Fähigkeiten nicht erschöpfend beschreiben lassen, weil die Welt zu kompliziert und wir zu beschränkt sind. Oder zumindest, dass die Mittel der herkömmlichen Physik dazu nicht reichen – zum Beispiel wenn wir in einem Multiversum leben.
    Viele gute Gründe, um bei der Suche nach der Lösung des Welträtsels nicht blindlings voranzustürmen. Und vielleicht gibt es noch einen Grund, vielleicht ist es schlicht zu teuer und der Mühe nicht wert. Die Menschheit hat ja auch ein paar andere Probleme.

  3. Tobias, wäre es vielleich auch denkbar, dass sich das Welträtsel nicht lösen/aufdecken lassen möchte? Es passieren all diese Pannen und keiner weiß warum und dann setzen Brotkrümmel dem LHC zu! Also ich bin der Meinung, dass Universum will es so und der Mensch soll in dieser Angelegenheit die Finger aus dem Spiel lassen. Müssen wir wirklich alles erforschen, darf nicht´s im Verborgenen bleiben?

  4. Richtig – wahrscheinlich! Das Ganze ist ja nur ein Gedankenspiel, um diese merkwürdige Pannenserie mal anders zu sehen. Allerdings hat die Prämisse, dass der LHC notwendigerweise das Universum zerstört, zum jetzigen Zeitpunkt eine subjektive Wahrscheinlichkeit größer Null. Also folgt mit dem Theorem von Bayes, dass die Pannenserie die Existenz des quantenmechanischen Multiversums ein ganz kleines bisschen wahrscheinlicher macht.

    Wohlgemerkt: Ich glaube nicht, dass der LHC irgendwas kaputtmacht außer sich selbst, geschweige denn das Universum.

  5. Tobias 2.0 says:

    Tobias, ich dachte in anderen Universen gelten auch andere Naturkonstanten – also muss es auch Universen geben, in denen das LHC überhaupt kein schwarzes Loch erzeugen kann. Richtig oder falsch oder beides?