Multi-, Pluri- oder Megaversum?

Michael Moorcock

Michael Moorcock

Wer hat eigentlich den Begriff des Multiversums erfunden? Auszug aus unserem Buch:

Die Wissenschaft nähert sich mit dem Multiversum der Grenze zur Fantasie, das zeigt sich schon die bewegte Geschichte des Worts “Multiversum”. Passend zu seiner Bedeutung wurde es mehrmals erfunden. Erstmals gedruckt erschien es im Jahr 1895. Der amerikanische Psychologe William James schrieb damals in einem Buch The Will to Believe: “Visible nature is all plasticity and indifference – a moral multiverse, as one might call it, not a moral universe”William James: The Will to Believe. Dover, 1957 (Original 1895), S. 43 (etwa: Die sichtbare Natur ist beliebig und gleichgültig – ein moralisches Multiversum, wenn man so will, kein moralisches Universum). James dachte nicht an eine Vielfalt von Welten, sondern an einen moralischen Pluralismus in einer einzigen Welt.

Seiner heutigen Bedeutung näherte sich das Wort “Multiversum” mit dem schottischen Hobby-Astronomen Andy Nimmo im Dezember 1960. Nimmo, damals Zweiter Vorsitzender des schottischen Zweigs der Britischen Interplanetarischen Gesellschaft, bereitete einen Vortrag über Hugh Everetts Theorie vor. “Ich brauchte einen Plural, wollte aber nicht ‘Welten’ sagen, weil das in unseren Kreisen Planeten bedeutet”, erinnert Nimmo sich, “also erfand ich das Wort ‘Multiversum’ und definierte es als ‘ein scheinbares Universum, von denen eine Vielzahl das ganze Universum bildet’.” Nimmo verstand also Universum und Multiversum genau anders herum als wir heute. Irgendwie sickerte das “Multiversum” in englische Science-Fiction-Kreise ein, der Autor Michael Moorcock schnappte es auf, gab ihm seinen heutigen Sinn und brachte es in seinen Büchern unter die Leute.

Zu Moorcocks Lesern gehörte in den 1990er Jahren der Quantenphysiker David Deutsch von der Oxford University. Er verwendete den Begriff fortan für Hugh Everetts Theorie – für das, was Nimmo “Universum” genannt hatte. Das Multiversum war in der Wissenschaft angekommen.