Archives for March 2010

Die Vermessung der Welten

Die Theorie des Multiversums hat einen Riesenschritt nach vorn gemacht. Die Theoretiker sind nicht mehr weit davon entfernt, konkrete Vorhersagen aus ihr ziehen zu können. Damit könnte die Theorie bald besser an Beobachtungen überprüfbar werden.

Es geht darum, Mengen von Universen zu messen und zu vergleichen. Zum Beispiel die Frage: Gibt es mehr belebte Universen oder mehr unbelebte? Schwierig, denn von beiden gibt es im Multiversum unendlich viele. Dahinter steht das technische Problem, ein sogenanntes Wahrscheinlichkeitsmaß auf der Menge der Universen zu definieren. Das haben die Theoretiker bisher nicht hingekriegt. Aber Raphael Bousso von der University of California in Berkely ist dieses Kunststück jetzt gelungen. Aus seinem Maß konnte er die zu erwartetende Größe der Dunklen Energie abschätzen, die die Ausdehnung unseres Universums antreibt. Und siehe da: Der errechnete Wert liegt ganz nah beim gemessenen.

Boussos Paper ist hier im ArxiV. Das “entropische Prinzip” ist übrigens kein Schreibfehler.

Eine detailliertere Darstellung hier im New Scientist.

Neue Rezensionen

Julia von Sengbusch rezensiert auf Spektrumdirekt “Die verrückte Welt der Paralleluniversen”. Auszug:

“Der Inhalt des Buchs hält, was die Aufmachung verspricht: Es macht Spaß. Die Autoren erklären aktuelle Fakten und Hintergründe auf unterhaltsame und gut verständliche Art. Dabei richten sie sich nicht an Fachleute – um den Gedankengängen folgen zu können, muss man nicht Astrophysik studiert haben, Interesse am Thema ist völlig ausreichend. Dazu passen auch die kleinen Comic-Zeichnungen, die an Stelle von Grafiken oder Diagrammen das Buch illustrieren.”

Außerdem setzt sich Molosovsky ausführlich mit dem Buch auseinander. Auszug: “Hürter (»P. M.«-Autor) und Rauner (»Die Zeit«-Redakteur) wissen, wie man Kompliziertes aus der Wissenschaft mundgerecht zubereitet. Unter anderem, indem man die menschliche Facette des Ringens um Erkenntnis beachtet, und also den wichtigsten an der Entwicklung von Vielweltentheorien wirkenden Wissenschaftlern & Denkern kleine muntere Biographissimos widmet, oder (vor allem zu Kapitelbeginn) szenische Schilderungen aufführt, so als wäre man dabei.”

U-Bahn zum Orionnebel

Der Netzwerkforscher Samuel Arbesman hat die Milchstraße als U-Bahn-Plan gezeichnet. Unser Sonnensystem liegt auf der roten Linie, Endstation Orion-Nebel. Im galaktischen Zentrum sollte man aber lieber nicht aussteigen, hier befindet sich ein Schwarzes Loch.

Andere Leben

Andere Universen, andere Leben

Es ist eine der großen Grundannahmen über das Multiversum: Die Naturgesetze und -konstanten in unserem Universum sind exakt so eingestellt, dass Leben entstehen kann. Wären sie anders, dann wären wir nicht hier, um sie so zu beobachten, wie sie sind. Das ist das anthropische Prinzip.

Jetzt bringen MIT-Physiker diese Annahme ins Wanken. In einem Paper, das letztes Jahr in der Zeitschrift Physical Review D erschienen ist, zeigen sie, dass auch bei anderen Naturkonstanten komplexe Strukturen, womöglich bis hin zu lebendigen Kreaturen, entstehen kann. Genauer gesagt: Sie variieren die Massen der Quarks, also der Bausteine von Protonen und Neutronen, und zeigen, dass man auch aus Quarks anderer Massen stabile Atome zusammenbauen kann, die denen von Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff entsprechen. Also gäbe es auch diesen anderen Universen eine organische Chemie.

Damit ist das anthropische Prinzip nicht gekippt. Aber geschwächt. Und die Hoffnung steigt, dass auch unsere Nachbaruniversen bevölkert sind.